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rainerchristine

Eichentopf

Im Herbst hob sie den Samen auf, setzte ihn sorgsam in fruchtbare Erde, in ein Nest aus Ton. Er schlief sich im Winter Kraft ins Innere. Im Frühling brach die harte Hülle auf, er blinzelte ins Freie, schob zwei Augen, zwei Ohren, zwei Hände, Finger dem Licht vor dem Fenster zu. Im Frühsommer versprach sie ihm die Auswilderung, trug ihn zurück zu den Ahnen. Der Älteste noch lebende schon fünfhundert Jahre hinter sich, der Bauch von der Zeit längst leergekratzt. Alles gesehen, erlebt, ertragen, die fast immer gleichen Erschütterungen, Witterungen, nur in Nuancen verändert. Bald war ein guter Platz gefunden, nahe genug zu den vergangenen Generationen, fern genug für das eigene Wachsen. Mit der kleinen Gartenschaufel grub sie dem Keimling einen Keller für die zitternden Wurzeln,die Kontaktpunkte in die Gemeinschaft, die Infrastruktur für Wasser, Nahrung, Kommunikation, Zuversicht, dass alles wird, dass noch einmal fünfhundert Jahre Zeit vor ihm herwandern, er ein Dorf gründen kann, Etage für Etage, ein Zuhause für Bewohnerinnen aller Art.

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